Wir wollen unsere Zukunft zurück

von Arnold Mettnitzer | 26.09.2021 | KLEINE ZEITUNG 

 

Ihr Reichen, weint nur und klagt über das Elend, das euch treffen wird. Euer Reichtum verfault, und eure Kleider werden von Motten zerfressen. Euer Geld und Silber verrostet; ihr Rost wird als Zeuge gegen euch auftreten und euer Fleisch verzehren wie Feuer. Noch in den letzten Tagen sammelt ihr Schätze. Aber der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abgemäht haben, der Lohn, den ihr ihnen vorenthalten habt, schreit zum Himmel; die Klagerufe derer, die eure Ernte eingebracht haben, dringen zu den Ohren des Herrn der himmlischen Heere.

 

Jak 5, 1-4

 

Mit dem Satz „Diese Wirtschaft tötet!“ hat Papst Franziskus viele Menschen vor den Kopf gestoßen. Um die Wirtschaft gerechter zu machen, sagt er in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“, müsste sie aus der Perspektive der Würde jedes Menschen und des Gemeinwohls gestaltet werden; und deshalb reiche es eben nicht, „auf die blinden Kräfte und die unsichtbare Hand des Marktes zu vertrauen“; es sei hoch an der Zeit, nicht für die Armen, sondern mit ihnen zu denken und zu handeln. 

 

Daraufhin warfen viele dem Papst vor, ein Kommunist zu sein und von der Wirtschaft nichts zu verstehen. Wer aber gründlicher hinhört, wird urbiblische Anliegen entdecken und darin auch deren verblüffende tagespolitische Brisanz. So hat der amerikanische Präsident bei seiner ersten Rede vor der UNO-Generalversammlung angesichts von Kriegen, Terrorismus und Hunger, der Klimakrise, Coronapandemie und globaler Ungleichheit „wie niemals zuvor“ die Notwendigkeit einer weltweiten Zusammenarbeit beschworen. Noch drastischer formulierte es vor ihm der UNO-Generalsekretär: „Wir stehen am Abgrund und sind nach wie vor in die falsche Richtung unterwegs!“ Das ist auch die besorgte Grundmelodie einer soeben erschienenen Streitschrift für mehr Phantasie in der Politik unter dem Titel „Wir wollen unsere Zukunft zurück“. Kein Zweifel, dass auch dieses Buch nicht lange auf den Vorwurf wird warten müssen, kommunistisches Gedankengut zu verbreiten. 

 

Wenn wir weitermachen wie bisher, droht unserer Welt das klare Verfehlen des Klimazieles und ein „katastrophaler Weg“; eine Vorahnung davon haben viele Menschen weltweit bereits in diesem Sommer erleben müssen. Aber genauso nicht länger übersehen lässt sich der Skandal, dass ein Prozent der Bevölkerung gut vierzig Prozent des Vermögens kontrolliert. Sollte uns auch hier kein gemeinsamer Schulterschluss gelingen, werden wir schmerzlich erkennen müssen, dass wir uns aus der Sackgasse, in die wir geraten sind, auch mit viel Geld nicht mehr werden herauskaufen können! „Was hast du davon“, fragt man sich in Kenia, „wenn du nicht hungerst, während das ganze Dorf hungert?“

 

 

Nachlese

Kleine Zeitung
Asche aufs Haupt: Warum wir die Welt noch retten können
20240214 Aschermittwoch.pdf
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