Die Bibel erzählt in einer ihrer ewig jungen Geschichten (Apg 2, 1-13), wie in Jerusalem Menschen zusammenkommen, die, obwohl einander völlig fremd, füreinander eine Sprache finden, die Unterschiede als Bereicherung erfährt und den unverwechselbaren Klang der Stimme jedes Einzelnen als Teil der Symphonie eines noch nie erlebten Miteinanders begreift: „Jeder hört sie in seiner Sprache reden!“ Wie ist das möglich? Menschen verstehen einander über das Fremde hinweg. Die unterschiedlichsten Sprachen sind kein Hindernis, Vielfalt ist möglich, sie wird zur Bereicherung. Unterschiede machen lebendig und erweitern den Horizont. Leben wird bunt. Wer solches erlebt, ist außer sich vor Staunen. Den Schaulustigen am Rande erscheint das alles wie eine „betrunkene“ (Apg 2,13) Posse.
Geist der Erde, füll mich an,
Geist des Wassers, sei mein Kahn,
Feuergeist soll mich verkohlen,
Luftgeist, geh beim Atemholen
stärkend in mich ein.
Dann will ich die Sterne zähmen
und in ihre Silbermähnen
zweierlei Geschick verknoten,
bei den Lebenden und Toten
soll dies gültig sein.
Muss zuvor das Blut der Steine
aus dem Bauch der Erde graben,
muss des Wassers Wurzel haben
und vom Feuer die Gebeine
und in mir die Erstlingssamen
deines Hauchs – in Gottes Namen! -,
deinen einen Hauch.
Was ich jetzt verbrauch,
ist die Luft Lebendig-Toter;
Komm! – schon wird der Himmel roter
um den Mondeskahn.
Meine Rechte, meine Linke
sehen zu, wie ich dir winke,
komm und hauch mich an!
Christine Lavant, Die Bettlerschale. Gedichte, Otto