Anton Bruckner und der liebe Gott

Fast jeden Tag gehe ich in Wien an der Piaristenkirche vorbei und werde dort durch eine Inschrift daran erinnert, dass Anton Bruckner am 21. November 1861 an der Orgel dieser Kirche die praktische Kompositionsprüfung abgelegt hat. Johann Herbeck, der spätere Hofkapellmeister fasste das Ergebnis in die denkwürdigen Worte: „Er hätte uns prüfen sollen“
Heute stehe ich hier in St. Florian am Grab von Anton Bruckner. Ein begnadeter Musiker, ein Genius, dessen einzige Erfüllung die Liebe zu Gott und zur Musik war.  Fürs praktische Leben war er nicht geboren. Seine Sehnsucht nach einer Partnerschaft blieb unerfüllt. Jeder Frau, die ihm etwas näher kam, machte er eine Heiratsantrag, Richard Wagner, den er abgöttisch verehrte, ließ ihn links liegen. Die einzige Adresse seines Lebens war seine Gottesbeziehung, die in seiner wunderbaren Musik zum Ausdruck kommt. TE DEUM LAUDAMUS TE DOMINE CONFITEMUR – In dieser Musik klingt die ganze Tragik, aber auch die ganze Tiefe und Erfüllung eines einsamen Genius durch. TE DEUM [1881-84] C-Dur – Kaiser Franz Josef war davon so begeistert, dass er Anton Bruckner bis zu seinem Lebensende das Wohnrecht im Schloß Belvedere einräumte.
Für Bruckner selbst ist dieses Werk für Chor, Solisten und Orchester nicht nur ein Glaubensbekenntnis, sondern „der Stolz meines Lebens“. Die Musik ist erfüllt von einem Triumph-Gefühl, einer Freude an grellen Klangwirkungen, ein einziges Vergnügen an einer nicht zu überhörenden Verherrlichung Gottes. Der kindliche, felsenfeste Glauben, der Berge versetzen kann, scheint Anton Bruckners einziger Halt in dieser Welt gewesen zu sein. Bei Bruckner ist dieser Glaube musikalischer Lobpreis, Bitte und Trost in einem geworden, der in der Überzeugung gipfelt, bei Gott geborgen zu sein und nicht zuschanden zu werden: NON CONFUNDAR IN AETERNUM.
Sowohl die Uraufführung auf 2 Klavieren 1885, als auch die ein Jahr spätere Aufführung mit Orchester sind ein großer Erfolg für Bruckner, der dankbar und stolz über sich selbst sagt:  „Wenn mich der liebe Gott einst zu sich ruft und fragt: ‚Wo hast du die Talente, die ich dir gegeben habe?‘, dann halte ich ihm die Notenrolle mit meinem Te Deum hin, und er wird mir ein gnädiger Richter sein.“
 

Rückblick

SCHRIFT-ZEICHEN
Kleine Zeitung | 14.04.2024
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