SCHRIFT-ZEICHEN

von Arnold Mettnitzer | 26.05.2024| KLEINE ZEITUNG 

„Einige aber hatten Zweifel."

Mt 28, 17

 

Wem beim Lesen der Bibel zum „Zweifel“ nur „Kleinglauben“ und „Mangel an Vertrauen“ einfällt, hat sie nicht gründlich genug studiert; an vielen Stellen nämlich rät sie dazu, nicht jedem Geist zu trauen, alles zu prüfen und nur das Gute zu behalten. Der gri chischen Antike verdanken wir dafür das Wort „skepsis“, womit ursprünglich „gründliche Untersuchung“ und „kritische Betrachtung“ gemeint war.

In ihrem Buch „Übungen im Fremdsein“ beschreibt Olga Tokarczuk, die Literaturnobelpreisträgerin von 2018, einen Holzstich unbekannter Herkunft, den der französische Astronom Flammarion 1888 veröffentlichte. Darauf zu sehen ist ein Wanderer mit Pilgerstab, Reisemantel und Haube, der an die Grenze der Welt gelangt ist und seinen Kopf über die irdische Sphäre hinausstreckt. Für das, was er zu sehen bekommt, fehlen ihm die Worte; und die alte Welt, aus der er schaut, lässt er im Blick auf das, was vor ihm liegt, getrost hinter sich. Paulus schreibt an die Gemeinde von Philippi (Phil 3,13): „Was hinter mir – das vergesse ich; was vor mir – danach strecke ich mich aus.“