von Arnold Mettnitzer | 12.06.2022 | KLEINE ZEITUNG
Die Hoffnung ist unsterblich! Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen; auch100Tagenach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine lässt sie sich finden; in jedem Menschen schlummert sie – wie André Heller singt – als „brennendes Verlangen nach Würde und Geborgenheit, nach Zärtlichkeit und Frieden“.
In dieser Zuversicht hat schon Nelly Sachs gegen die Schornsteine des Todes angeschrieben, damit unzählige Menschen in aussichtslosen Situationen Mut gemacht und dafür 1966 den Literaturnobelpreis erhalten.
Hoffnung klammert sich nicht an ein passives Wunschdenken, sondern motiviert zur Aktivität mit hochge- krempelten Ärmeln und spitzer Feder, überzeugt davon, dass das teuflische Spiel der Mächtigen nicht ewig weitergeht. Diese Hoffnung, neben dem Glauben und der Liebe, die auf den ersten Blick unscheinbarste der drei göttlichen Tugenden, erzählt Geschichten von Dunkelheit, Not und Elend, die Menschen dazu inspirieren, ein Licht anzuzünden statt über die Dunkelheit zu klagen.
Der französische Philosoph Charles Péguy (1873-1914) hat einen großen Teil seines Werkes dieser Hoffnung gewidmet, überzeugt davon, dass Gott selbst am Ende seiner Schöpfung sich darüber gewundert haben muss, was ihm da eingefallen ist, ein kreativer Betriebsunfall sozusagen. Über die Liebe, sagt Gott, brauche man sich nicht zu wundern. Denn nur Menschen mit einem steinernen Herzen könnten nicht verstehen, dass Menschen gar nicht anders können, als einander zu lieben. Gerade dazu sind sie ja auf der Welt! „Aber die Hoffnung, sagt Gott, das verwundert mich wirklich. Mich selber. Das ist wirklich erstaunlich. Dass diese armen Kinder sehen, wie das alles zugeht, und dass sie glauben, morgen gehe es besser. Dass sie sehen, wie das alles heute geschieht, und dass sie glauben, morgen früh gehe es besser. Das ist verwunderlich, und das ist entschieden das größte Wunder unserer Gnade. So dass es mich selber verwundert.“