Romeo und Julia

Gusseisen Skulptur 1992

 

Werner Hofmeister


Gedanken zu Werner Hofmeisters Skulptur „Romeo und Julia“


Wo Menschen miteinander in Beziehung treten, ist nicht nur Faszination und Begeisterung, sondern unter Umständen sehr schnell auch die Frage im Raum, ob ich den Anderen wirklich verstehen und erreichen kann?
Ich merke, wo ich den Anderen in seinem Eigenen zu verstehen glaubte, habe ich in Wahrheit sein Bild geformt nach dem meinen. Wo ich Motive zu durchdringen glaubte, habe ich tatsächlich solche unterlegt. Ich habe den Anderen vereinfacht. Ich habe ihn verändert; vielleicht sogar mehrmals, je nach dem Bedarf der Stunde. Ich habe eine bestimmte Schicht seines Wesens verstanden; aber nicht, was darunter lag.
Alfred Adler spricht in diesem Zusammenhang von „selektiver Wahrnehmung“ oder „tendenzieller Apperzeption“.
Der Philosoph und Theologe Romano Guardini schreibt in einem kleinen Aufsatz „Vom Sinn der Gemeinschaft“: „Man merkt nicht, dass, was man Verstehen nannte, in Wahrheit Selbstbestätigung war.“ Und fügt hinzu:
„Wir kennen alle das Bild jenes Menschen, der in das „Wir“ hinein verloren ist. Jenes Menschen, der immerfort bereit ist, sich vom Anderen sein Gewissen abnehmen zu lassen, und es anderen abzunehmen, und der so niemals in der Einsamkeit wirklicher Verantwortung steht: der immerfort sich mitteilen muss, und selbst vom Innen der Anderen naschen; der nicht mit sich fertig wird und, in der beständigen Flucht vor dem eigenen Versagen, sich in die Erziehung des Anderen wirft, oder in die Fürsorge für ihn... Und so weiter bis zu jenem, der es nur in der Geschäftigkeit und im Bereich aushalten kann; der weder die Einsamkeit noch die Stille erträgt, weil er da vor sich selbst zu stehen kommt...“
In Peter Turrinis Bühnenstück „Tod und Teufel“ geht der Pfarrer Christian Bley auf die Suche nach der „Sünde“ und trifft diese in allerlei Gestalt auf dem Weg in die Stadt. In der vierten Szene trifft er sich mit Magda Schneider in ihrer Sozialwohnung – und schläft zum ersten Mal in seinem Leben mit einer Frau:Schneider ruft: „Wie fühlst du dich da drinnen?“Bley von innen: „Schön warm, aber ein bisschen einsam.“Schneider ruft: „Einsam ist man immer. Aber zu zweit ist man ein bisschen weniger einsam.“

 

Nachlese

Kleine Zeitung
Asche aufs Haupt: Warum wir die Welt noch retten können
20240214 Aschermittwoch.pdf
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