Dankesrede

von Arnold Mettnitzer 
anlässlich der Verleihung des Berufstitels „Professor“
am 29.04.2013 im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

 

Thomas Bernhard erzählt,
wie er sich auf dem Weg zur Verleihung des Grillparzerpreises
im Sir Anthony am Kohlmarkt einen neuen Anzug kauft,
diesen dann aber als doch nicht ganz passend
nach der Feierstunde
und dem anschließenden Essen in der Gösser Bierklinik
dem Herrenmodegeschäft zurückbringt
und gegen einen um eine Nummer größeren eintauscht …   


Wir acht heute hier geehrten Kandidatinnen & Kandidaten
sind in gut passenden festlichen Gewändern angetreten,
um ehrenvolle Auszeichnungen entgegenzunehmen.

Wir sehen darin
nicht nur routinemäßig vollzogene
und nobel umschriebene Alterserscheinungen,
sondern in erster Linie
Anerkennung und Wertschätzung
für bisher erbrachte Leistungen.


Es ist mir eine besondere Freude, dafür in unser aller Namen DANKE zu sagen:

dem Herrn Bundespräsidenten,

der Frau Bundesministerin mit ihren Mitarbeiterinnen & Mitarbeitern,

allen voran
Ihnen, Herr Sektionschef Kurt Nekula,
Frau Dr. Andrea Freundsberger
für die akribische Ausarbeitung der Vorstellung der Auszuzeichnenden
und Ihnen, Herr Amtsdirektor Dieter Rath,
der Sie uns „die Frohe Botschaft“ der heutigen Ehrung überbracht haben.


Aber ganz besonders und vor allen anderen gilt unser Dank
den Menschen, durch deren Vorschlag und Initiative diese Auszeichungen für uns in die Wege geleitet wurden.

Ihre Wertschätzung und Initiative verdient nicht nur deshalb ein besonderes Danke,
weil wir dadurch zu Ehren kommen, sondern weil das Mitdenken und Mitfühlen
die Basis allen menschlichen Miteinanders ist.
Nach nichts, sagen die Gehirnforscher, hätte der Mensch mehr Sehnsucht als nach dem anderen Menschen und danach, von ihm bemerkt, gesehen, anerkannt und wertgeschätzt zu werden.
Nichts kränkt den Menschen mehr, als von anderen Menschen übergangen, übersehen,
„nicht einmal ignoriert" zu werden.


Albert Einstein hat den hintergründigen Satz geprägt:
„Phantasie ist wichtiger als Wissen"

In allen Bereichen unserer Gesellschaft brauchen wir sie dringend, diese Phantasie,
Kreativität, die aus dem Mitdenken wächst und aus dem Engagement vieler Einzelner lebt.

Die Frucht solcher Phantasie ist das Feuer der Begeisterung,
das einlädt und ansteckt, aufweckt und mitreißt.

Ein solches Feuer ist vor allem dort nötig, wo die Not am größten ist, z.B. in der momentan geplanten Bildungsreform:

Unsere Schulen brauchen Fachleute, daran besteht kein Zweifel.
Es ist dabei eine sekundäre Frage, wo diese ausgebildet werden.
Was aber in unseren Schulen die Schüler zuallererst brauchen,
sind Fachleute, deren oberste Kompetenz darin besteht,
das, was sie können, mit Liebe und Leidenschaft anderen zu vermitteln.
Ohne diese Vermittlungskompetenz wird es sehr schwer sein, den zündenden Funken der Begeisterung für ein Stoffgebiet in jungen Menschen zu wecken.

Bereits vor über 50 Jahren hat Ingmar Bergmann Verantwortliche davor gewarnt,
seelenruhig zuzusehen,wie hochgebildete junge Menschen ihre Bildungsanstalten als „Analphabeten des Gefühls" verlassen.

Erich Kästner sagt in diesem Zusammenhang in seiner berühmten „Ansprache zum Schulbeginn“:
„Liebe Kinder, da sitzt ihr nun, alphabetisch oder nach der Größe sortiert, …
Früchtchen seid ihr, und Spalierobst müsst ihr werden!
Aufgeweckt ward ihr bis heute, und einwecken wird man euch ab morgen! …
Vom Baum des Lebens in die Konservenfabrik der Zivilisation,
- das ist der Weg, der vor euch liegt.
Kein Wunder, dass eure Verlegenheit größer ist als eure Neugierde.“

 

Aber auch dieser Vorwurf ist nicht neu.
Schon Seneca klagt am Schluss seines 106. Briefes an Lucilius darüber, dass die Schüler nicht fürs Leben, sondern für die Schule lernen:
Non vitae, sed scolae discimus.

Übrigens:
Wenn ich diesen Satz in meinen Computer tippe, schlägt mir das Korrekturprogramm
statt „discimus“ – „Discomusik“ vor.
Und zu „gaudeamus igitur, iuvenes dum sumus“ wird mir „igitt“ und „Juventus“ angeboten.

Auch das vielleicht ein Hinweis auf dringend notwendige Bildungsreform!


Kay Pollacks Film „Wie im Himmel" (Schweden 2004) erzählt,
wie es einem einzigen Menschen gelingt, ein ganzes Dorf neu zu beleben,
die Herzen der Menschen so zu berühren, dass das in ihnen schlummernde Potential lebendig wird und ungeahnte Fähigkeiten zum Wohle aller spürbar werden.

Ich bin überzeugt davon, dass dieser Film eine wertvolle Hilfe sein kann,
einer dringend notwendenden Bildungsreform die Richtung zu weisen:

Deshalb erlaube ich mir namens der heute hier geehrten und ausgezeichneten Persönlichkeiten, der Frau Bundesministerin eine käuflich erworbene DVD dieses Films
zu ihrer persönlichen Verwendung zu überreichen.

Der dafür aufgewendete Kaufpreis von € 6,99 entspricht gerade noch den strengen Richtlinien des sogenannten „Anfütterungsparagraphen“.

 

Mit den heute hier Ausgezeichneten ehrt die Republik Menschen,
die ihr Können in den Dienst an den Menschen stellen
und dabei etwas von dieser phantasievollen Vermittlungskompetenz in ihrer Umgebung umzusetzen vermochten.
Sie tun es nicht uneigennützig,
aber immer wieder auch ein Stück weit selbstlos
im Wissen, wie beglückend es ist,
Ideen zu entwickeln, Phantasie zu entfalten,
was sie können mit anderen zu teilen,
gemeinsam an einem größeren Ganzen zu arbeiten
und dabei die wunderbare Erfahrung zu machen:
Anderen helfen zu können, hilft mir,
andere tragen zu können, trägt mich!


Vielen Dank!

 

 

Nachlese

Kleine Zeitung
Asche aufs Haupt: Warum wir die Welt noch retten können
20240214 Aschermittwoch.pdf
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